Warum wir eine gesamteuropäische PrEP-Kampagne brauchen

Die PrEP in Europe Initiative wurde gegründet, um eine Lücke bei der Lobbyarbeit für die HIV-Prä-Expositions-Prophylaxe (PrEP) in Europa zu schließen.

Es gibt viele Gründe, warum die PrEP in Europa sehr viel langsamer eingeführt wird als in den USA. Einer davon ist die vierjährige Verzögerung bei der Zulassung: Während die US-amerikanische Medikamentenbehörde FDA die PrEP schon 2012 zuließ, erteilte die europäische Medikamentenbehörde EMA die Zulassung erst 2016.

Allerdings hat Frankreich gezeigt, dass die EMA-Zulassung für die PrEP-Einführung nicht unbedingt erforderlich war, denn Frankreich führe die PrEP schon Ende 2015 ein.

Weitere Gründe für die langsamere PrEP-Einführung in Europe sind:

  • Zentralisierte/auf Kostenerstattung basierende Gesundheitssysteme. Das US-Gesundheitssystem ist ein Flickenteppich aus privaten und arbeitgeberfinanzierten Versicherungen sowie staatlichen und föderalen Programmen für Unbeschäftigte und Menschen mit Behinderungen. Private Versicherungsunternehmen konnten daher gemeinsam mit Gesundheitsdienstleistern selbst entscheiden, ob sie die PrEP finanzieren oder nicht, zumindest für die „erste Welle“ gut versicherter PrEP-Interessent_innen. Gilead Sciences, der Hersteller von Truvada, bietet außerdem zusätzliche Unterstützung für Menschen ohne ausreichenden Versicherungsschutz.
    In Europe dagegen mit seinen für Patient_innen weitgehend oder sogar ganz kostenlosen Gesundheitssystemen muss von Beginn an auf der Ebene der Gesundheitsministerien über die PrEP-Vergabe entschieden werden. Diese Entscheidungen sind daher anfälliger für Beschränkungen aufgrund der Haushaltslage oder der politischen Meinung.

PrEP in Europe bietet Informationen und News zu politischen Entscheidungen und Debatten um die PrEP in ganz Europa, um Aktivist_innen bei ihrem Umgang mit den Gesundheitssystemen zu unterstützen.

  • Weil die PrEP in Europa von den Steuer- oder Beitragszahler_innen finanziert werden muss, waren die Kosten und die Kosten-Nutzen-Rechnung der PrEP von Beginn an ein zentraler Punkt der Diskussion. Politiker_innen befürchten, dass die Öffentlichkeit nicht bereit ist, für eine relativ kleine Gruppe von Menschen eine teure Methode zum Schutz vor einer sexuell übertragbaren Infektion zu finanzieren, obwohl günstigere Verhütungsmethoden zur Verfügung stehen.

PrEP in Europe wird einen Wegweiser zu den Ergebnissen von Kosten-Nutzen-Berechnungen zur PrEP zur Verfügung stellen und Verhandlungen über die Bereitstellung von günstigeren Generika dokumentieren.

 

  • Komplexe und dezentrale öffentliche Gesundheitssysteme. In Europa gibt es mindestens so viele Gesundheitssysteme wie Länder. In vielen Ländern werden verschiedene Bereiche des Gesundheitssystems – zum Beispiel Notfallversorgung, spezialisierte Versorgung, Grundversorgung – von unterschiedlichen Gremien organisiert. Die PrEP ist eine verwaltungstechnische Herausforderung, denn ein Medikament, das bislang für eine eng begrenzte medizinische Indikation eingesetzt wurde, soll nun im Sinne der öffentlichen Gesundheit eingesetzt werden. Die öffentliche Gesundheit aber kümmert sich um alles Mögliche zwischen Raucherentwöhnung und Ernährungsratschlägen, und die Verantwortung dafür liegt in vielen europäischen Ländern in den Händen regionaler oder örtlicher Behörden und nicht beim Gesundheitssystem.

PrEP in Europe bietet eine Diskussions-Plattform und einen Führer durch den Dschungel der komplexen unterschiedlichen Gesundheitssysteme, um den Dialog darüber zu fördern, wie man auf politischer Ebene damit umgehen kann.